Das nächste kleine Puzzle-Stück einer größeren Erzählung:
Man nehme ein winzig kleines Samenkorn und lege es auf die Erde. Wasser, Sonne, Zeit und nach einigen Jahren ist daraus ein Baum entwachsen, der ohne Probleme jedes noch so lange Menschenleben überdauern und die Größe unserer Köpfe bei weitem überragen kann.

Was klingt wie ein Wunder ist es auch und noch vielmehr, es ist das Fundament unserer Welt. Jeder Atemzug – und sei er noch so kurz – ist nur möglich, weil die Bäume unsere Erde bevölkern. Sie sind es, die den Stoff des Lebens produzieren. Und durch die Wärme aus dem Inneren unserer Erde und jene von Außen erwärmt sich die Luft und setzt die Welt erst in Bewegung. Der Wind bringt Leben und verteilt neue Samen in der Welt aus denen neues Leben entwächst. Und trifft Sauerstoff auf Wasserstoff entsteht daraus ein weiterer wichtiger Baustein des Lebens: Wasser.
Die Erde, sie ist ein hochsensibles Gleichgewicht, auf der wir nicht nur leben, sondern, die uns überhaupt erst das Geschenk des Lebens macht. Alles ist miteinander vernetzt und das nicht digital. Bäume spielen hierbei eine ganz besonders wichtige Rolle.
Die indigenen Völker im Norden Kolumbiens sind sich dieses Balanceakts seit jeher sehr bewusst. Mehr noch, führen sie all das Leid und Unglück dieser Welt auf den verloren gegangenen und aus der Balance gekommenen Einklang von Mensch und Natur zurück. Sie sehen es als ihre Aufgabe an, mit ihren Ritualen und Traditionen dieses Gleichgewicht wieder herzustellen und so die Welt von aller Qual zu befreien.
Im Tayrona-Dschungel stellten die Indigenen ein Schild mit einer eindringlichen Nachricht auf, die an uns alle gerichtet ist:
„Die Menschheit hat in ihrem Inneren alle Bäume gefällt und die Flüsse ausgetrocknet. Daher ist es wichtig, das Herz dieser Welt wieder aufzuforsten.
¡Reforestar el Corazon!“
Eine ähnliche
Haltung gegenüber der Natur lebten einst auch die Inkas: Pachamama,
Mutter Erde. Sie ist es, die über alles wacht. Sie ist es, die Leben
schenkt, aber auch Leben nimmt. Anders als in anderen
Glaubensrichtungen, in denen Heilige ausschließlich positiv gesittet
sind, waren sich die Inkas über die beiden Seiten von Mutter Erde sehr
bewusst und vermieden es, sie ausschließlich positiv zu verklären.
Vulkane, Stürme, Erdbeben, Tsunamis – ausgelöst vom heißen Kern der Erde
– können
auch eine zerstörerische Kraft entwickeln, die das Leben
raubt und mit sich in eine andere Welt hinfortnimmt. Gerade deswegen war
es auch für die Inkas wichtig, Einklang und Gleichgewicht zu wahren und
Pachamama gütig zu stimmen.
Alles Leben ist miteinander verknüpft. So sehr der Mensch sich auch von der Natur und allen übrigen Lebewesen losgelöst – oder gar darübergestellt – sieht, am Ende sind wir von der Erde und ihrem Wohlergehen abhängig. Wir sind nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen. Der wahre Schatz der Erde ist die große Vielfslt des Lebens und kein noch so bunt glnzender Edelstein aus ihrem Inneren. Der schmale Grad zwischen Leben und Tod, er ist auch für uns Menschen kein theoretisches Konstrukt, sondern lebensechte Realität. Wieso wir den Zauber des Lebens dennoch so arglos aufs Spiel setzen und letztlich wie die Raupe Nimmersatt unsere eigene Lebensgrundlage mit offenen Augen von hinten auffressen, das bleibt wohl für immer eines der größten und unlösbarsten Rätsel dieser von den Wundern der Natur geprägten Welt.
Noch liegt es an uns, auf die Wiederherstellung des Gleichgewichts von Mensch und Natur positiv einzuwirken. Forsten wir das Herz dieser Welt wieder auf. Beginnen wir mit unserem eigenen – aber hören wir nicht dabei auf.
Pachamama braucht kein Mensch, aber der Mensch braucht Pachamama!